Alle arbeiten zuhause…
Durch Corona werden viele Angestellte nachhause geschickt, um im Home-Office zu arbeiten. Für Übersetzer ist das seit Jahren ganz normal, da es kaum noch fest angestellte Übersetzer gibt und die meisten freiberuflich arbeiten.
Aber jetzt sitzen auch die Projektmanager, technischen Autoren und Layouter zuhause. Wird das zu einer weiteren Änderung der Arbeitsumgebung in Übersetzungsfirmen führen?

Die Corona-Krise als Disruption
Es ist alles andere als ungewöhnlich, dass externe Einflüsse (»Disruptionen«) dauerhafte Änderungen im Arbeitsleben herbeiführen. Wenn man sich jetzt vergegenwärtigt, dass Studenten ihre Vorlesungen und Seminare online über MS Teams, GoToMeeting etc. abgehalten bekommen, Bürgermeister mit der Gemeindevertretungen und Ausschüssen Entscheidungen über Online-Konferenzen herbeiführen, Menschen aller Altersklassen sich ihr Essen online bestellen, weil sie nicht mehr ins Restaurant gehen können, dann ist die Frage berechtigt: verschwindet das alles wieder genauso schnell, wie es über uns gekommen ist?
Eine Verlagerung in das Home-Office hat ja Vorteile: Es wird weniger Büroraum benötigt, was Miete spart. Das Hinzufügen neuer Arbeitsplätze wird vereinfacht (das gilt leider auch für das Entfernen!), man kann Mitarbeiter in Kundennähe etablieren, ohne gleich ein neues Büro anmieten zu müssen usw.
Andererseits führt das auch zu geänderten technischen Prozessen: wenn alles auf Servern im Büro gespeichert und verarbeitet wird, müssen Zugänge über VPN eingerichtet und abgesichert werden. Das bedingt einen erheblichen Aufwand, gerade durch die einhergehenden Sicherheitsaspekte. Natürlich müssen die Heimarbeitsplätze über eine schnelle Internetverbindung verfügen, aber das ist heute nur noch selten ein Ausschlusskriterium.
Es drängt sich aber automatisch die Frage auf:
Macht es nicht mehr Sinn, alles in die Cloud zu verlagern?
Damit wären alle Daten und Anwendungen von überall zugänglich und zumindest die Datensicherung würde durch die ausgefeilten Backup-Lösungen der meisten Hosting-Unternehmen verbessert. Es bleibt offensichtlich die Sicherheitsfrage: Wer hat Zugriff auf meine Daten und – viel wichtiger – auf die Daten meiner Kunden? Mit Blick darauf, dass die USA, China und viele andere Staaten sich Zugang zu den auf Servern in ihrem Land gespeicherten Daten sichern, muss man sich genau anschauen, wie und wo man seine Daten speichern lässt. Dropbox, Amazon, Google und viele andere werden von deutschen oder europäischen Unternehmen misstrauisch betrachtet oder im Geschäftsverkehr gleich verboten.

Will man als Dienstleister also für diese Unternehmen arbeiten, sollte man sich genau überlegen, wo man seine Daten und Anwendungen speichern und verarbeiten lassen will. Die DSGVO sollte man immer im Blick haben.
Und wenn man die sensiblen Daten auf eigenen Servern verarbeitet und nur die weniger sensiblen in der Cloud hat? Aber wo ist dann die Grenze? Außerdem führt das zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand. In diesem Fall ist es besser, wieder zur eigenen Serverfarm zurückzukehren.
Es spricht viel für die Cloud-Lösung. Wenn ich z. B. bei einem Kunden plötzlich Daten benötige, die ich nicht auf meinem Laptop gespeichert habe, kann ich schnell und einfach darauf zugreifen.
Persönlich glaube ich, dass die Corona-Krise den Weg in die Cloud beschleunigen wird, da viele Unternehmen die Vorteile vor Augen geführt bekommen und ihre Lehren aus dem aktuellen »Pilottest« ziehen werden.
Allerdings warne ich davor, die Wirkung direkter, persönlicher Kommunikation von Angesicht zu Angesicht zu unterschätzen. Bei aller Euphorie über die Vorteile der Cloud-Lösungen in Verbindung mit dem Home-Office sollte man immer Möglichkeiten für regelmäßigen persönlichen Austausch vor Ort schaffen.
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